Steuerhinterziehung: Wie dem Staat jedes Jahr Milliarden entgehen

Steuerhinterziehung gilt als eines der größten Schlupflöcher in den deutschen Staatsfinanzen. Offizielle Zahlen zeigen zwar, dass die Steuerfahndung Jahr für Jahr beachtliche Erfolge erzielt – doch im Verhältnis zu den geschätzten Gesamtausfällen wirken die Ergebnisse fast bescheiden. Ein Überblick.

Milliarden Schaden durch Steuerhinterziehung – nur ein Bruchteil wird aufgedeckt

Im Jahr 2023 bearbeitete die Steuerfahndung bundesweit rund 34.600 Fälle. Dabei wurden Mehrsteuern in Höhe von 2,5 Milliarden Euro festgestellt. Zudem verhängten die Gerichte Freiheitsstrafen mit einer Gesamtdauer von 1.460 Jahren.

Über die letzten zehn Jahre summierte sich die Arbeit der Steuerfahnder*innen auf 27,4 Milliarden Euro an „zusätzlichen Steuereinnahmen“. Zahlen, die zeigen: Die Behörden leisten durchaus Wirkung – aber sie offenbaren auch die Dimension der Dunkelziffer.

Steuerhinterziehung: Anspruch und Wirklichkeit

Denn Schätzungen zufolge gehen dem Staat jährlich 30 bis über 100 Milliarden Euro durch Steuerhinterziehung verloren. Manche Experten wie Florian Köbler, Bundesvorsitzender der Deutschen Steuergewerkschaft, sprechen sogar von über 200 Milliarden Euro jährlich.

Zum Vergleich: Der Schaden durch Leistungsmissbrauch in den Jobcentern in Deutschland belief sich 2023 auf gerade einmal 258 Millionen Euro – eine Zahl, die im Schatten der hinterzogenen Steuern fast verschwindend klein wirkt.

Effektivität der Steuerfahndung: zu wenig Personal, zu viele Schlupflöcher?

Die Diskrepanz wirft die Frage auf, wie effektiv die Steuerfahndung wirklich arbeiten kann und ob es sich dabei nicht um eines der Positionen handelt, die unbedingt mehr Personal bedürfen. Fachleute kritisieren seit Jahren, dass die Finanzverwaltung unterbesetzt sei und den komplexen Strukturen internationaler Steuervermeidung kaum hinterherkomme.

Während aufwendige Ermittlungen enorme Zeit und Ressourcen kosten, nutzen Hinterzieher*innen raffinierte Konstruktionen, um Geld in Steueroasen oder über verschachtelte Firmengeflechte zu verschieben.

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Ein strukturelles Problem mit großem Preis

Die offizielle Bilanz mag beeindruckend klingen – Milliarden an aufgedeckten Steuern, tausende Fälle, hunderte Hafturteile. Doch die eigentliche Frage lautet doch vielmehr: Wie viel bleibt unentdeckt?

Wenn die Schätzungen stimmen, entgehen dem Staat jedes Jahr Summen, die mit den großen Haushaltsposten von Bildung, Verteidigung oder Soziales vergleichbar sind. Damit wird klar: Steuerhinterziehung ist nicht nur ein Kavaliersdelikt, sondern eines der größten finanziellen Probleme des deutschen Staates.

Steuerflucht: Österreich mit demselben Problem wie Deutschland

Doch nicht nur Deutschland, auch Österreich verliert jährlich rund 2 Milliarden Euro an Steuereinnahmen durch Steuerhinterziehung und Steuervermeidung. Vor allem internationale Konzerne und Superreiche verschieben ihr Geld in Steuersümpfe wie die Schweiz, Luxemburg, Irland oder die Cayman Islands, um es dem Zugriff des Finanzamts zu entziehen.

Während Steuerhinterziehung die illegale Umgehung von Steuerpflichten beschreibt, gilt Steuervermeidung als legale, aber oft fragwürdige Praxis. Zwischen den beiden Ansätzen gibt es jedoch einen großen Graubereich. Typische Modelle beruhen darauf, Kapitalerträge oder Gewinne über verschachtelte Konstrukte so zu verschieben, dass sie im Heimatland nicht auftauchen. Besonders betroffen sind die obersten 0,1 Prozent der Vermögenden, wie Datenlecks von den Panama- oder Pandora Papers zeigen.

Steuerflucht: ein Fazit

Expert*innen fordern daher seit langem schon mehr Transparenz, stärkere Steuerprüfungen sowie den konsequenten Ausbau internationaler Register und digitaler Kontrollen, um das globale Katz-und-Maus-Spiel zwischen Steuerflüchtigen und Behörden einzudämmen.

Wenn die Staat das Problem mit der Steuerflucht, Steuervermeidung und vor allem der Steuerhinterziehung besser in den Griff bekommen würden, dann wären wohl so einige Probleme (Bildung, Gesundheit und so weiter) mit Sicherheit weniger problematisch.


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