Die neue Netflix-Serie Untamed startet so, wie man es sich als Crime-Fan nur wünschen kann. Düster, geheimnisvoll, mit einer Atmosphäre, die irgendwo zwischen True Detective und The Sinner schwebt. Schon in den ersten Minuten wird klar: hier geht es nicht nur um Mord und Ermittlungen, sondern um das, was nach dem Verbrechen bleibt: Schuld, Trauma und der unaufhaltsame Verfall menschlicher Gewissheiten.
Ein Nationalpark als Spiegel der Seele
Die Netflix-Serie Untamed spielt in einem weitläufigen Nationalpark in den USA. Eine Kulisse, so schön wie auch bedrohlich. Zwischen Nebel, Felsen und einsamen Forsthütten entfaltet sich ein Thriller, der genauso von der Natur erzählt wie von den Menschen, die in ihr verloren gehen.
Eric Bana liefert als Ermittler eine durchaus nuancierte Performance. Ein Mann, gezeichnet von eigenen Wunden, der in jedem Verdächtigen irgendwie auch ein wenig sich selber sucht bzw. seine eigenen Dämonen. Während die Spurenlage sich immer weiter verzweigt – okkulte Rituale, ein schiefgelaufener Drogendeal, Rachegelüste aus der Vergangenheit – verschwimmt die Grenze zwischen Täter und Opfer, zwischen Wahrheit und Wahn.
Spannung mit kleinen Ermüdungserscheinungen
Untamed ist zu Beginn ein wirklich großes Versprechen. Ein düsteres, faszinierendes, beinahe hypnotisches Verbrechenstableau, das uns auf falsche Fährten lockt und uns glauben lässt, alles zu durchschauen – bis wir merken, dass wir selbst längst Teil des Labyrinths geworden sind.
Doch ab dem letzten Viertel verliert die Serie leider ein wenig an Biss. Die Handlung mäandert, der große Twist am Ende – durchaus solide – haut dann doch nicht mehr so mit der erwarteten Wucht in die Magengrube. Das ist schade, weil die ersten Folgen so viel Potenzial aufbauen. Trotzdem bleibt die Serie spannend genug, um bis zum Schluss mitzufiebern.
Eric Bana überzeugt – auch ohne Knalleffekt
Der ehemalige Hollywood Star Eric Bana trägt die Serie mit einer Mischung aus stoischer Ruhe und innerer Zerrissenheit. Seine Figur funktioniert, obwohl er im Grunde immer noch zu gut aussieht, um ihm einen Ermittler solchen Kalibers wirklich zur Gänze abzukaufen. Trotzdem machen die Figuren ganz allgemein die Serie emotional recht gut greifbar.
Vor allem visuell überzeugt Untamed: gedämpfte Farben, präzise Kameraarbeit und eine Natur, die fast schon als eigener Charakter wirkt. Das Setting trägt viel zur Sogwirkung bei. Selten sah Verzweiflung so schön aus. Wobei man auch hier sagen muss, dass bei den Bildern immer noch eine gewisse Urlaubsästhetik vorherrscht.
Wild, düster und sehenswert – trotz kleiner Schwächen
Untamed“ ist dennoch ein packender Crime-Thriller mit starker Atmosphäre, einer überzeugenden Besetzung (wobei die Stars darin weniger überzeugen als die Newcomer) und einer psychologisch durchaus erfahrbaren Tiefe. Ja, gegen Ende schwächelt das ganze Erzählgerüst ein wenig – vor allem auch weil bestimmte Erzählstränge zu abrupt ein Ende finden. Aber dennoch bleibt diese Netflix-Serie durchaus ein Erlebnis.
Wer Lust auf ein intensives, überzeugend gespieltes Krimi-Drama in eindrucksvoller Kulisse hat, bekommt hier genau das Richtige: Eine dichte, emotional vielschichtige Geschichte über Schuld, Geheimnisse und das, was vor allem die Wildnis Mensch mit uns allen macht. Perfekt für dunkle Abende, an denen man sich freiwillig im moralischen Nebel verirren möchte.
Wer es jedoch komplexer mag und die Sehgewohnheiten wirklich ans Limit getragen haben möchte, dem ist die neue Netflix-Serie Wayward mehr als zu empfehlen!
Titelbild: RICARDO HUBBS/NETFLIX © 2025 Netflix, Inc.